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OKRs – ab jetzt wird endlich alles besser bei uns … oder doch nur alter Wein in neuen Schläuchen? – Teil 2

Wand beklebt mit bunten sticky notes

Herzlich Willkommen zum zweiten Teil zum Thema OKRs. Wenn Sie den ersten Teil noch nicht gelesen haben, empfehle ich Ihnen, diesen vorab zu lesen -> Blog OKR 1. Teil.

Im zweiten Teil zum Thema OKRs schreibe ich über typische Herausforderungen im Umgang mit OKRs. Ich stelle Ihnen weitere Zielsetzungsmethoden als Inspiration vor. Zum Schluss beleuchte ich die Frage: „Wie stimme ich OKRs in der Organisation mit anderen Bereichen / Abteilungen / verteilten Teams ab?” Hierbei gebe ich Ihnen zehn Praxistipps an die Hand, welche Ihnen den Umgang mit OKRs erleichtern sollen.

Typische Herausforderungen im praktischen Umgang mit OKRs

In der heutigen Zeit haben traditionelle Zielvorgaben (Top-Down) des Öfteren hohe Reibungsverluste – der Mitarbeiter muss den Zielen des Vorgesetzten folgen. Durch die sich immer schneller ändernden Gegebenheiten ist es heutzutage oft zielführender, wenn das Team in einen Dialog tritt (Siehe auch: Vergrößern Sie die Sensorik Ihres Unternehmens). Hierbei geht es darum, dass gemeinsame Ziele festlegt werden. Es soll dadurch eine Diskussion über die Umsetzung der Ziele entstehen. Wenn OKRs ohne einen geeigneten Veränderungsprozess „einfach mal so“ eingeführt werden, ohne dass man sich über potentielle Widerstände (Top-Down vs. Bottom-Up) Gedanken macht, kann es zu Irritationen in der Organisation kommen.

  • Tipp 1: Führen Sie OKRs nicht „einfach mal so“ ein, nehmen Sie sich Zeit. Seien Sie sich bewusst, dass es Widerstände geben wird. Sie müssen sich daran versuchen und Schritt für Schritt daran lernen. Es braucht daher einen klaren Implementierungsprozess.

Durch eine belebte Diskussion über die Erreichung der Ziele (Objectives) findet über die Messpunkte (Key Results) die Verpflichtung (Commitment) der Teams statt. Beim Definieren werden aber oft nicht alle relevanten Fragen gestellt. Fragen wie: “Was fehlt mir an Fertigkeiten um die Ziele umsetzen zu können?” und “Was blockiert mich, die Ziele umzusetzen?” werden dabei oft nicht ausreichend beantwortet.

  • Tipp 2: Machen Sie sich darüber gedanken, was Sie an Fertigkeiten brauchen und was Sie daran hindert, die Ziele auch wirklich umzusetzen. Daher nicht einfach auf Ziele verpflichten, ohne zu wissen, ob sie überhaupt annähernt erreicht werden können.

Bei OKRs delegiert der klassische Teamleader nicht mehr von oben herunter, sondern soll sich eher als Sparrings-Partner verstehen. Die Vorschläge für Maßnahmen, die von unten nach oben kommen, soll der Teamleiter mit einem strategischen Abgleich versehen. Hierbei soll der Fokus darauf liegen, dem Team die Ressourcen und Informationen zur Verfügung zu stellen, damit dieses die Aufgaben bestmöglich selbstständig erfüllen kann.

  • Tipp 3: Befähigung und Autonomie des Teams kann nachhaltig viele Potentiale im Team freisetzen!

Bei OKRs geht es darum, gemeinsam auf Ziele festzulegen. In der Regel werden diese quartalsweise definiert und gemeinsam verfolgt. Jedoch werden oft Prioritäten, auf die man sich vorher verständigt hat, “mal ganz spontan angepasst”. In den allermeisten Fällen ist es nicht sinnvoll, diese während des Quartals anzupassen. Es kann daher nicht nachhaltig sein, ständig neue Vorhaben innerhalb eines Quartals anzunehmen und die Prioritäten ständig neu zu setzen.

  • Tipp 4: Neue Vorhaben immer durch die bestehenden OKRs hinterfragen und abgleichen! Diese dann eher in das nächste Quartal ziehen (solange man nicht komplett in die flasche Richtung läuft).

Wenn Sie schon viele Methoden ausprobiert haben und mit OKRs nicht klarkommen, liegt das Problem meist tiefer verborgen. Mit jeder weiteren Methode versuchen Sie nur die Symptome zu bekämpfen, jedoch nicht die dahinterliegende Ursache. Ich habe Unternehmen erlebt, die immer wieder neue Methoden ausprobiert haben. Wenn sie scheitern höre ich oft Sätze wie: „Wir konzentrieren uns auf Thema A und auch auf Thema B, und hmmm ja auch ganz wichtig Thema C. Natürlich müssen wir auch noch Thema X, Y und Z angehen… Sie brauchen sich aber keine Sorgen machen, wir werden den Fokus nicht verlieren…“. Wenn Sie sich auf so viele Dinge gleichzeitig konzentrieren, haben Sie keinen Fokus.

  • Tipp 5: Sie können nicht alles gleich gut abschließen. Lieber eine Sache komplett fertig als 20 in Arbeit.

Die Sache, die es so schwierig macht, OKRs erfolgreich umzusetzen, ist genau die, die sie so brillant macht: OKRs zwingen einen dazu, knallharte Entscheidungen darüber zu treffen, wozu man nein sagen muss, damit man sich auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren kann. Der Grund, warum OKRs schmerzhaft sein können, liegt darin, dass sie Probleme in der Priorisierung klar aufdecken, die sonst durch die Komplexität verdeckt geblieben wären.

  • Tipp 6: Lernen Sie nein sagen zu können. Fokus nur auf das wirklich Wichtigste und Wirkungsvollste

Weitere Zielsetzungsmethoden als Inspiration

Wenn ich mich mit OKRs beschäftige, lese ich häufig: „OKRs brauchen keine Alternativen!“ oder „OKRs funktionieren einfach!“. Diese äußert ausgeprägte Lobeshymne ist ein großer Teil des Problems mit OKRs. Wie jede Methode hat OKR einen speziellen Einsatzzweck. Es gibt Alternativen, die in anderen Situationen die bessere Wahl sind. Manchmal brauchen Sie einen Schraubendreher, manchmal einen Hammer und wenn Sie einen Baum fällen müssen, dann auch gerne mal eine Motorsäge. Diese Analogie passt auch bei OKRs. Es kommt immer auf die konkrete Situation an.

  • Tipp 7: „The right tool for the right job“. Also versuchen Sie stets das jeweils nützlichste Werkzeug für die jeweilige Situationen zu nutzen.

Neben den OKRs gibt es viele weitere Zielsetzungsmethoden. Folgend gebe ich Ihnen eine kleine Inspiration:

Key Performance Indicator (KPI)

Per Definition ist ein Key Performance Indicator (KPI) ein messbarer Wert, der zeigt, wie effektiv ein Unternehmen wichtige Geschäftsziele erreicht. KPIs existieren in den meisten Organisationen in irgendeiner Form. Wahrscheinlich sind Sie schon selber mit KPIs in Berührung gekommen. Wenn jedoch das Team und die Organisation wachsen, stoßen KPIs an gewisse Grenzen. KPIs helfen Ihnen bei der Verfolgung von Tätigkeiten, aber sie inspirieren Ihr Team nicht optimal und helfen Ihnen nicht, sich auf das Wichtigste zu fokussieren.

Management by Objectives (MBO)

Bei MBOs sind die Mitarbeiter Teil des Zielvereinbarungsprozesses. MBO-Enthusiasten sind der Meinung, dass es den Mitarbeitern hilft, sich stärker in ihre Arbeit einzubringen und produktiver zu sein, wenn sie ein Mitspracherecht bei der Festlegung ihrer Ziele erhalten. Während diese Idee vor 70 Jahren neu war, ist sie inzwischen Teil der meisten Zielsetzungsphilosophien. Das Konzept OKR hat viele Teile des MBO übernommen.

SMART-Ziele

Das Akronym SMART wird sowohl separat als auch als Teil anderer Methoden verwendet. Peter Drucker verwendete es als Teil der Festlegung von MBOs.

SMART ist ein Akronym für:

  • Spezifisch (Specific) – sie werden von jedem im Team klar verstanden.

  • Messbar (Measurable) – Sie können sich immer eine klare Vorstellung davon machen, wie der aktuelle Stand ist.

  • Aktivierend (Activating) – die Ziele müssen ansprechend bzw. erstrebenswert sein und erreichbar.

  • Relevant (Relevant) – die Ziele, die Sie sich setzen, müssen für Ihre Organisation wichtig sein.

  • Zeitgebunden (Time bound) – sie haben einen klar definierten Termin.

  • Tipp 8: Es ist essentiell wichtig zu verstehen, dass OKRs zwar viele Potentiale bieten können, aber dennoch kein Allheilmittel sind. Es gibt andere Methoden, die besser zu Ihrer Situation und Ihrer Organisation passen könnten.

In der Zukunft wird es sicherlich neue Rahmenbedingungen (und trendige Schlagwörter) geben – in zehn Jahren könnten OKRs also wie eine „alte Idee“ erscheinen, genau wie MBOs heute von vielen so gesehen werden. Worauf es jedoch wirklich ankommt, sind die Grundprinzipien, auf der die Methode basiert. OKRs sind aktuell ein fortschrittliches Set von Prinzipien, Best Practices und Prozessen für das digitale Zeitalter. Das System ist so modular und flexibel, dass OKRs fast überall eingerichtet werden können.

  • Tipp 9: Seien Sie sich bewusst, dass OKRs wahrscheinlich nicht “ewig” bleiben werden. Am Ende sind die erfolgreich, die sich methodisch wandeln können

Wie stimme ich OKRs in der Organisation mit anderen Bereichen / Abteilungen / verteilten Teams ab?

Das Ziel muss sein, dass die Organisation und die Teams vereint an ihren entwickelten Maßnahmen arbeiten, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Hierbei sollte das Bestreben sein, dass jeder weiß, was gerade passiert und wie jeder zu den Zielen der Organisation beiträgt. OKRs können auf Organisations-, Team-, und Mitarbeiterebene genutzt werden. Wenn Sie also mit OKRs anfangen und direkt mit verschiedenen Teams starten wollen, bleiben sie dabei auf der Organisations- und Teamebene. Die Mitarbeiterebene sollte erst dazu kommen, wenn sich alle mit der Methode OKR auskennen und wohl fühlen.

Grau hinterlegte Anführungszeichen

Die meisten der erfolgreichen Menschen, die ich kenne, sind diejenigen, die mehr zuhören als reden.

Bernard Baruch

Die Methode OKR schlägt eine Kombination des “Zuhörens” von Top-Down und Bottom-Up vor. Hierbei werden aus der Organisationsstrategie OKRs abgeleitet. Genauso werden von unten nach oben aus den Teams verdichtete OKRs für die Organisation zusammengefasst formuliert. Hierbei sollen 40% Top-Down und 60% Bottom-Up kommen. Dies soll in drei Schritten passieren:

  1. Das obere Management skizziert die Organisations-OKRs

  2. Das Teammanagement definiert Team-OKRs, abgeleitet von den Organistions-OKRs

  3. Das Teammanagement diskutiert mit den Teammitgliedern über die Organisations- und Team-OKRs und lässt jedem Teammitglied den Freiraum, eigene Vorschläge einzubringen

Ich habe in unseren Projekten oft gesehen, dass man sich zwar gemeinsame Ziele gesetzt hat, aber eine gemeinsame Verpflichtung schließlich leider oft fehlt. Das ist insbesondere schwierig, wenn verschiedene Abteilungen mitmachen und zuarbeiten müssen. Hierbei überlappen oder widersprechen sich sogar die Ziele. Durch eine klare Ausrichtung der Ziele zwischen Breichen / Abteilungen / verteilten Teams schafft man gemeinsam größere Ziele und steigert die Zusammenarbeit und Kreativität in der gesamten Organisation.

  • Tipp 10: Sie müssen ein Gefühl für das “große Ganze” bekommen und jeder sollte verstehen, wie das eigene Dazutun zum Erreichen des großen Ganzen beiträgt.

Bonustipp: Feiern Sie am Ende eines Quartals Erfolge. Wer möchte schon ohne Anerkennung und Aufmerksamkeit ins nächste OKR-Quartal starten?

Natürlich bietet das Konzept der OKRs noch viel mehr Perspektiven, dennoch hoffe ich, dass ich Ihnen eine Hilfestellung und Inspiration zu einem Start mit OKRs geben konnten.

Profilbild des Mitarbeiter Michael Prinz

Über den Autor

Dr. Michael Prinz ist Anforderungsvermittler mit den Schwerpunkten Anforderungsmanagement und Business- / Systemanalyse.

Darüber hinaus ist er als Trainer rund um das Thema Requirements Engineering tätig. Sein Fokus liegt auf der menschlichen Komponente in komplexen Entwicklungsprojekten, insbesondere an der Schnittstelle zwischen Business und IT.

Anforderungsvermittler / Managing Consultant

Über den Autor

Profilbild des Mitarbeiter Michael Prinz

Dr. Michael Prinz ist Anforderungsvermittler mit den Schwerpunkten Anforderungsmanagement und Business- / Systemanalyse.

Darüber hinaus ist er als Trainer rund um das Thema Requirements Engineering tätig. Sein Fokus liegt auf der menschlichen Komponente in komplexen Entwicklungsprojekten, insbesondere an der Schnittstelle zwischen Business und IT.

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