Du bist als Product Owner tätig. Du bist in der agilen Arbeitsweise routiniert. Deine PSPO I und II Zertifikate hängen an der Bürowand und agile Weiterbildungen besuchst du immer wieder gerne.
Und dann kommt der neue Junior Analyst um die Ecke und fragt dich nach deiner IREB Zertifizierung und nach den von dir am häufigsten verwendeten RE Methoden. Was soll das? Hast du etwas wichtiges verpasst?
Erstmal eine kurze Erklärung zu diesen 2 Buchstaben: R E. RE steht für Requirements Engineering, eine Vorgehensweise die es deutlich länger als die Agilität gibt und auch noch lange nach der Agilität geben wird. Im RE, auf Deutsch Anforderungsmanagement, geht es darum, die Bedürfnisse der Stakeholder in verständlichen Anforderungen strukturiert zu erfassen und sicherzustellen, dass mit deren Umsetzung der grundlegende Bedarf erfüllt wird.
Ahhhhaaaa, als PO doch nichts verpasst!
Das International Requirements Engineering Board (IREB) ist das internationale Gremium, das sich als Ziel gesetzt hat, Best Practices zu beschreiben und Standards für diese spannende Fachdisziplin zu definieren – ganz unabhängig von der Projektmethodik.
Wenn es dir also am Herzen liegt deine Stories besser zu schreiben, kannst du dich aus den Methoden des RE-Werkzeugkoffers bedienen. Dieser steht dir als “Anforderungsvermittler-Kompakt”, in voller Ausführung, zum Download auf unserer Website bereit. Um dir als PO greifbarer zu machen, welche Vorteile du durch den Einsatz von RE-Methoden im Alltag haben kannst, zeigen wir Dir im folgenden Abschnitt beispielhaft Methoden für drei wichtige PO- Aufgaben. (Die Verlinkungen führen dich zu unserer Methoden-Vorlagen oder zu unseren Erklärungsvideos)
1. Als PO bist du für die Produktvision verantwortlich. Aber wie kannst du diese erarbeiten?
Um diese wichtige und grundlegende PO-Aufgabe zu meistern, kannst du dich aus unserem Werkzeugkoffer an den Canvas-Techniken bedienen. Für viele PO’s ist das Product-Vision-Board von Roman Pichler eine der bekanntesten Vorlagen. Wenn du etwas ausführlicher über die Wirtschaftlichkeit deines Produktes nachdenken und diese Überlegungen strukturiert erfassen möchtest, kannst du dafür das Business Model Canvas benutzen. Hier identifizierst du nicht nur wer deine Kunden sind und welchen Wert du ihnen liefern kannst, sondern auch konkrete Aspekte wie Kosten, Erlösstrukturen oder Vertriebskanäle. Mit dem Value Proposition Canvas legst du deinen Fokus auf den Kunden und seine Probleme, so dass du ihm eine wertstiftende Lösung anbieten kannst.
2. Als PO bist du für das Schreiben von Stories verantwortlich. Aber wie stellst du sicher, dass diese vom Entwicklerteam gut genug verstanden werden?
Scrum regelt diese Verständnisfrage zwischen PO und Entwicklerteam mit der Definition of Ready. Du kannst die Formalien, wie z.B. “hat mindestens 1 Akzeptanzkriterium” oder “ist in Story Points geschätzt”, mit Qualitätskriterien für die Formulierung der Anforderungen ergänzen. Das Schreiben von guten Anforderungen ist eine der Hauptaktivitäten des Requirements Engineering. Deshalb gibt es im RE Checklisten, die dich dabei unterstützen sicherzustellen, dass die Anforderungen gut formuliert sind. Ein Beispiel für solche Kriterien findest du hier.
Wenn die Formulierung in der Satzschablone für User Stories “Als <NUTZER / ROLLE> möchte ich, dass <SYSTEMFUNKTION>, damit <NUTZEN>” nicht ausreicht, um sicherzustellen das die Story verstanden wurde, können Diagramme eine gute Ergänzung sein. Das Modellieren ist eine fortgeschrittene und vielseitige Teildisziplin des RE’s. Abhängig von der Art der Anforderung können Aktivitäts-, Klassen- oder Use-Case-Diagramme eine sehr gute Grundlage für ein gemeinsames Verständnis bilden. Als PO solltest du immer im Auge behalten wer diese Diagramme lesen soll und nur so viel Komplexität in die Modellierungssprache einfliessen lassen, dass die Bedeutung für den Empfängerkreis noch verständlich ist.
3. Als PO bist du für die Priorisierung der Stories verantwortlich. Aber wie kannst du diese richtig steuern?
Laut Scrum Guide bist du als PO für die Priorisierung der Backlog Items zuständig. Unter Berücksichtigung der Team Velocity werden die obersten Items während des Sprint Plannings für die kommende Iteration berücksichtig. Attributierungsschemata werden seit eh und je im RE eingesetzt, um Anforderungen effizient verwalten zu können. Wenn du in deinem agilen Projekt ein Ticket-Tool verwendest, sind viele dieser Attribute bereits vordefiniert. Du musst dir “nur” im klaren sein, welche Attribute welche Rolle bei der Priorisierung spielen. Als Meta-Modell kannst du hierfür den DOCS Approach® nutzen. Dieser Ansatz hilft dir deine Anforderungen auf der richtigen Flugebene und im richtigen Format, mit den richtigen Stakeholder in den richtigen Termine auszuarbeiten.