Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Vielleicht haben Sie an dieses Sprichwort schon gedacht, als Sie ein Diagramm in Ihrem Projekt gesehen haben. Vielleicht haben Sie es aber eher sarkastisch gemeint und eigentlich sagen wollen: „Was will mir dieses Bild denn eigentlich sagen?“ Die Erfahrungen im Projekt mit Diagrammen können sehr unterschiedlich sein. In vielen Fällen sind Diagramme überladen und dadurch unleserlich. Oftmals ist nicht klar, für wen das Diagramm bestimmt ist, was dazu führen kann, dass zu viele Details die Leserschaft abschrecken.
Meiner Meinung können Diagramme ergänzend zu textuellen Beschreibungen einen großen Beitrag zum Verständnis eines IT-Systems leisten. Aus diesem Grund möchte ich Ihnen in diesem Artikel die Vorteile eines diagrammgestützten Anforderungsmanagements oder grundsätzlich einer diagrammgestützten Dokumentation von Sachverhalten nahebringen.
In drei Schritten zum erfolgreichen Modell
Als Grundlage der zu verwendenden Diagramme möchte ich Ihnen die UML (Unified Modeling Language) empfehlen. Sie beschreibt eine Sammlung von über 20 Modellarten, wie bspw. dem Use-Case-Diagramm oder dem Aktivitätsdiagramm. Mit diesen Modellarten können unterschiedlichste Informationen und Sichten abgebildet werden. Grundsätzlich gilt es drei Grundregeln zu beachten.
Machen Sie sich bewusst, wer der Adressat, also der Leser des Diagramms sein soll. Je nach Festlegung definiert dies die Verwendung von Fachbegriffen oder technischen Details. Es definiert auch, wie anspruchsvoll ein Diagramm gestaltet werden sollte.
Wählen Sie einen geeigneten Ausschnitt/Umfang für das Diagramm. Das Diagramm sollte zum einen auf einem durchschnittlichen Bildschirm ersichtlich und lesbar sein. Zum anderen sollte in diesem Ausschnitt eine Thematik auf einheitlicher Ebene modelliert werden. Detailinformationen zu einem speziellen Thema sollten in einem separaten Diagramm ausgelagert werden.
Fokussieren Sie sich auf wenige, einfache Notationselemente. Um möglichst viele Leser zu erreichen, sollte das Diagramm einfach gestaltet und ohne Vorkenntnisse verständlich sein.
Anhand von zwei Beispielen möchte ich Ihnen zeigen, wie Sie mit wenigen Notationselementen in den jeweiligen Diagrammtypen essentielle Funktionalitäten und Abhängigkeiten ausdrücken können.
Das Use Case Diagramm
Ich möchte zunächst das Use-Case-Diagramm vorstellen. Dieses Diagramm kann auf einen Blick das System, seine Kernfunktionalitäten (bei der Erstellung des Diagramms zu definieren) und die Akteure (Personen, Systeme, etc.), die mit den jeweiligen Funktionalitäten in Verbindung stehen, aufzeigen. Es eignet sich demnach besonders gut, um dem Leser einen groben Überblick über ein System zu verschaffen. Grundsätzlich empfiehlt es sich, je nachdem wer das Diagramm lesen soll, wenige Notationselemente zu verwenden, um das Diagramm nicht zu überladen. Wichtig ist noch, dass das Use Case Diagramm keine Reihenfolgen von Funktionalitäten abbildet. Dafür eignet sich das Aktivitätsdiagramm (s. u.). In folgendem Beispiel ist ein simples Use Case Diagramm einer Autovermietung modelliert.
Wir sehen hier das System “Buchungssystem Autovermietung” als Rechteck, die Funktionalität bzw. Use Cases “Reservierung durchführen” , “Reservierung einsehen” und “Reservierung aktualisieren”, die Akteure “Kunde” und “Mitarbeiter” sowie die Verbindungen (auch Assoziationen genannt) zwischen den Akteuren und den Funktionalitäten. Mit diesen vier Notationselementen lässt sich leichtfüßig ein Diagramm erstellen, das auf einen schnellen Blick die wesentlichen Faktoren eines Systems darstellt.
Selbstverständlich könnten Sie an dieser Stelle weitere Funktionalitäten modellieren oder durch fortgeschrittenen Notationselemente Sachverhalte detaillierter darstellen. Doch Sie sollten sich an diesem Punkt die Frage stellen: „Welchen Zweck soll mein Diagramm erfüllen und wen möchte ich mit meinem Diagramm erreicht?” Die Antwort darauf rät in vielen Fällen dazu, sich auf wenige, zentrale, leicht zu verstehenden Elemente zu fokussieren.
Das Aktivitätsdiagramm
Da das Use Case Diagramm keine Aussage über Reihenfolgen von Funktionalitäten gibt, möchte ich noch das Aktivitätsdiagramm vorstellen. Mit diesem Diagramm lässt sich ein Ablauf inkl. Leserichtung beschreiben und bspw. einen Use Case aus einem Use Case Diagramm näher definieren. Auch hier gilt es wenige, einfach Notationselemente zu verwenden und den Umfang so zu gestalten, damit das Diagramm auf einem durchschnittlichen Bildschirm ohne Lupe gelesen werden kann. In folgendem Beispiel ist der Buchungsvorgang eines Autos modelliert.
Wir sehen hier einen Startknoten (schwarzer Kreis links) und einen Endknoten (schwarze Kreis mit Umrandung rechts). Diese zeigen uns an, wo wir mit dem Lesen des Diagramms beginnen und wo wir aufhören sollen. Wir sehen die Aktionen (Rechtecke) “Buchung vorbereiten”, “Versicherung buchen”, “Auto vorbereiten”, “Rechnung bereitstellen” und “Buchung abschließen”, also Funktonalitäten, die in einer Reihenfolge stehen. Wir sehen außerdem einen Entscheidungsknoten und einen Zusammenführungsknoten (beides als Raute dargestellt), welche den Aktionsfluss durch eine “entweder oder”-Entscheidung aufteilen bzw. ihn wieder zusammenführen. Des Weiteren ist einen Forkknoten und einen Jointknoten (beides als vertikaler schwarzer Balken) modelliert, der nebenläufige Tätigkeiten dargestellt. Bei den Knoten gilt grundsätzlich wie bei “Klammern” in einem Text: „So wie ich öffne, muss ich auch wieder schließen”. All diese Elemente werden durch den Aktionsfluss (Linien mit Pfeilspitze) verbunden. Achten Sie auch bei diesem Diagrammtyp darauf, welchen Zweck Sie verfolgen bzw. was Sie ausdrücken möchte und wer ihr Adressat ist.
Ein weiterer Ausblick
Neben dem Use Case Diagramm und dem Aktivitätsdiagramm kann ich noch das Zustandsdiagramm und das Klassendiagramm empfehlen!
Mit dem Zustandsdiagramm kann der Zustand bzw. Status von Objekten, die Auslöser für einen Statusübergang und vieles mehr modelliert werden. Im Beispiel der Autovermietung könnte man dann definieren, dass es bspw. die Zustände “verfügbar”, “verliehen” und “in Reinigung” gibt, sowie die Auslöser, wann eine Zustandswechsel stattfindet.
Mit dem Klassendiagramm lässt sich die Struktur von Daten modellieren. Auch wieder im Beispiel der Autovermietung könnte dann definiert werden, welche Attribute ein Auto (Farbe, Baujahr, Sitzplätze, etc.) oder welche Attribute eine Reservierung (Datum, Reservierungnummer, etc.) besitzen.
Sie wollen die anderen Diagrammtypen näher kennenlernen?
Fazit
Diagramme können auf einen Blick ein gutes Verständnis für ein IT-System vermitteln. Im Projektalltag wird jedoch oftmals aus verschiedenen Gründen dieses Ziel verfehlt. Diagramme bieten jedoch die einzigartige Möglichkeit auf einen Blick einen Sachverhalt übersichtlich darzustellen. Achten Sie also auf die drei grundlegenden Fragestellung:
Wer ist der Adressat?
Was möchte ich mit meinem Diagramm aussagen?
Welche Notationselemente verwende ich?
Die UML bietet über 20 verschiedene Diagrammtypen, um unterschiedliche Informationen und Sichten zu modellieren. Die vier Diagrammtypen, die in diesem Artikel vorgestellt werden, eignen sich jedoch besonders gut für den praktischen Arbeitsalltag und sollten deshalb im Fokus stehen. Mit der Benutzung des richtigen Diagrammtyps und der strukturierten Vorgehensweise zur Erstellung, werden Ihre Diagramme aussagekräftig. So kann auch Ihr Diagramm Ihre zentrale Botschaft vermitteln.