Requirements Engineering steht für Planung, Struktur und umfangreiche Dokumentation – Scrum hingegen für Agilität, schnelle Iterationen und wenig Papier. Passt das überhaupt zusammen? Ja – sogar besser als gedacht!
Requirements Engineering und Scrum mögen auf den ersten Blick als widersprüchliche oder unvereinbare Konzepte erscheinen, doch richtig kombiniert, ergänzen sie sich hervorragend.
Requirements Engineering trifft Scrum: Zwei Ansätze im Vergleich
Im Requirements Engineering werden die Anforderungen an ein Produkt oder eine Software systematisch erfasst, analysiert, dokumentiert und verwaltet. Dieser Prozess stellt sicher, dass die Bedürfnisse und Erwartungen der Stakeholder vollständig verstanden und in konkrete, umsetzbare Anforderungen übersetzt werden. Die resultierenden Anforderungsdokumente dienen als Grundlage für die Produktentwicklung.
Scrum hingegen ist ein agiles Rahmenwerk, das die iterative und inkrementelle Produktentwicklung in kurzen Zyklen (Sprints) beschreibt. Durch regelmäßige Feedback-Schleifen und kontinuierliche Anpassungen kann flexibel auf Änderungen reagiert werden. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Entwicklungsteam, dem Product Owner und den Stakeholdern steht im Mittelpunkt.
Um für ein Projekt die Synergie zwischen Requirements Engineering (RE) und Scrum optimal zu nutzen, sind folgende acht Schritte erforderlich:
1. Anforderungsanalyse & Dokumentation (RE)
Zu Beginn steht eine gründliche Anforderungsanalyse im Mittelpunkt. Ziel ist es, die Bedürfnisse und Erwartungen aller Stakeholder systematisch zu erfassen und in eine klare, nachvollziehbare Form zu bringen. Anstelle rein statischer Dokumente entstehen so lebendige, anpassbare Grundlagen für die weitere Entwicklung. Das Requirements Engineering stellt dafür bewährte Methoden und Techniken bereit – von strukturierten Einzelinterviews bis hin zu kreativen Teamworkshops, die Raum für innovative Ideen schaffen.
💡 Praxis-Tipp: Schon während der Anforderungsanalyse regelmäßig mit dem zukünftigen Product Owner abstimmen – so wird der Übergang ins Backlog deutlich einfacher.
2. Glossar zu Begriffsdefinitionen (RE)
In vielen Projekten ist es hilfreich, die zentralen Begrifflichkeiten des jeweiligen Fachbereichs an einer Stelle zu definieren, um so Missverständnisse von vornherein zu vermeiden.
3. Erstellung des initialen Produktbacklogs (Scrum)
Basierend auf den Anforderungsdokumenten erstellt der Product Owner das initiale Produktbacklog. Hierbei werden die Anforderungen in Form von User Stories formuliert und nach Wichtigkeit und Dringlichkeit priorisiert.
4. Planung der Sprints und Definition der Sprint-Ziele (Scrum)
In Zusammenarbeit mit dem Scrum-Team plant der Product Owner die einzelnen Sprints. Dabei werden die User Stories aus dem Produktbacklog für den jeweiligen Sprint ausgewählt und konkrete, erreichbare Sprint-Ziele definiert.
5. Kontinuierliche Priorisierung und Anpassung des Produktbacklogs (Scrum)
Während der Entwicklung müssen die Anforderungen regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Der Product Owner ist dafür verantwortlich, das Produktbacklog kontinuierlich zu priorisieren und mit neuen oder geänderten Anforderungen auf dem aktuellen Stand zu halten.
6. Enge Zusammenarbeit mit Stakeholdern (RE und Scrum)
Eine enge Einbindung der Stakeholder ist entscheidend. In regelmäßigen Review-Meetings können sie Feedback zu den entwickelten Funktionen geben und neue Anforderungen einbringen. Dieser Prozess sollte iterativ gestaltet sein, um sicherzustellen, dass das Endprodukt den tatsächlichen Bedürfnissen entspricht.
7. Kontinuierliche Integration und Validierung (Scrum)
Durch die iterative Natur von Scrum können die entwickelten Funktionen in jedem Sprint integriert und validiert werden. So lassen sich Abweichungen von den Anforderungen frühzeitig erkennen und beheben.
8. Abschließende Überprüfung und Dokumentation (RE)
Am Ende des Projekts müssen die Anforderungsdokumente überprüft und bei Bedarf aktualisiert werden, um die tatsächlich umgesetzten Funktionen und Merkmale des Produkts zu reflektieren. Diese aktualisierten Dokumente dienen als Grundlage für zukünftige Weiterentwicklungen oder Wartungsarbeiten.
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Fazit
Durch die oben aufgeführten acht Schritte wird eine enge Verzahnung zwischen der systematischen Anforderungsanalyse und -dokumentation des Requirements Engineering und der agilen, iterativen Entwicklung von Scrum erreicht. Diese Kombination ermöglicht es, qualitativ hochwertige Produkte zu liefern, die den Kundenanforderungen optimal entsprechen und gleichzeitig flexibel auf Änderungen reagieren können.
Requirements Engineering und Scrum sind kein Widerspruch – im Gegenteil: Wer ihre Stärken kombiniert, schafft Klarheit und Flexibilität. Das Ergebnis? Produkte, die begeistern und Anforderungen erfüllen.