Egal ob wir Stakeholder-Anforderungen analysieren wollen, Use Cases generieren lassen oder Dokumentationsprozesse automatisieren möchten – künstliche Intelligenz (KI) kann uns bei der Verarbeitung und Strukturierung komplexer Informationen unterstützen. Doch warum sind KI-generierte Texte manchmal sehr präzise und berechenbar und in anderen Fällen kreativ, unerwartet oder sogar frei erfunden?
Ein Parameter, der dieses Verhalten beeinflusst, ist die sogenannte Temperatur. Im Folgenden schauen wir uns genauer an, was sich hinter diesem Begriff verbirgt und wie man ihn gezielt in der Arbeit mit Anforderungen nutzen kann.
Was bedeutet „Temperatur“ in KI-Modellen?
Die Temperatur ist ein Parameter, der in der Regel zwischen 0 und 1 liegt und bestimmt, wie zufällig oder fokussiert ein KI-Modell Antworten generiert. Wenn das Modell eine Antwort formuliert, beeinflusst die Temperatur, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Wörter verwendet werden. Eine niedrige Temperatur führt dazu, dass das Modell sich stark an den wahrscheinlichsten Wortfolgen orientiert. Eine hohe Temperatur hingegen sorgt dafür, dass auch weniger wahrscheinliche Wörter in Betracht gezogen werden.
Um das besser zu verstehen, kann man sich vorstellen, dass ein Modell für jedes Wort eine Wahrscheinlichkeitsverteilung berechnet. Ohne Temperatureinstellung würde es stets das wahrscheinlichste Wort wählen – die Antworten wären eintönig und vorhersehbar.
Welche Temperatureinstellung ist sinnvoll?
Mit steigender Temperatur werden Antworten abwechslungsreicher, was Zufälligkeit und Kreativität fördert. Das hilft uns bei explorativen Prozessen wie dem Identifizieren neuer Anforderungen, Brainstorming mit Stakeholdern oder dem Erarbeiten kreativer Lösungsansätze. Eine hohe Temperatur ist also besonders in den frühen Phasen des Anforderungsmanagements sinnvoll, da sie unkonventionelle Ideen begünstigt und neue Perspektiven eröffnet.
KI-Modelle mit niedriger Temperatur hingegen liefern besonders präzise und strukturierte Antworten – ein wichtiger Aspekt, wenn es beispielsweise darum geht, Anforderungen im Rahmen der Dokumentation klar und eindeutig zu formulieren. Durch das Reduzieren kreativer Alternativen kann das Modell uns dabei unterstützen, die gewünschte Qualität in Anforderungsdokumenten aufrechtzuerhalten. Satzschablonen für User Storys werden konsequenter eingehalten, und Akzeptanzkriterien lassen sich sauber formulieren – ohne imaginäre Rollen oder Bedingungen hinzuzudichten.
Weitere Methoden zur Steuerung von KI-Antworten
Neben der Temperatur gibt es weitere Faktoren, die das Verhalten eines KI-Modells beeinflussen. Dazu zählen:
Top-k-Sampling: Nur die k wahrscheinlichsten Wörter kommen in die engere Auswahl.
Top-p-Sampling: Es werden nur jene Wörter berücksichtigt, die zusammen eine bestimmte Wahrscheinlichkeitsschwelle überschreiten.
Diese Methoden helfen zusätzlich, eine Balance zwischen Konsistenz und Kreativität zu finden.
Temperatur gezielt nutzen
Wer im Anforderungsmanagement mit KI-generierten Inhalten arbeitet, sollte die Temperatur als entscheidenden Steuerungsparameter verstehen. Die optimale Temperatureinstellung hängt stark vom Anwendungsfall ab – eine pauschale Antwort gibt es selten. Es lohnt sich, mit verschiedenen Werten zu experimentieren, um das beste Ergebnis für den jeweiligen Kontext zu erzielen.
In jedem Fall ist es sinnvoll, diesen oft übersehenen Parameter bewusst einzusetzen, um das Potenzial von KI-unterstütztem Anforderungsmanagement voll auszuschöpfen.
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